"Warum machst du eigentlich Erlebnispädagogik? Und kannst du das auf genau drei Worte reduzieren?" Mit dieser Frage konfrontierte mich eine Studentin auf einer Hütte, nachdem wir in die allabendliche Runde "Fragen an den Tag und an uns" gestartet waren. Das war keine der üblichen Fragen für den lockeren Abend, an dem es üblicherweise eher um technische Fragen geht. Also musste ich überlegen. Ein kleiner Vortrag über dieses Thema, der mit Anekdoten aus 30 Jahren Erlebnispädagogik angereichert würde - kein Problem. Aber genau drei Worte?!
"Ich bewege Menschen" war meine Antwort, und in dem Moment, in dem ich sie etwas verhalten in den Raum warf, gefiel sie mir bereits. Ja, wir bewegen Menschen. Auf vielerlei Weise, zumeist durch die Natur und eher übertragen auf ihrer Reise durch sich selbst. Wir bewegen Gesichter, denn es wird viel gelacht. Wir erzeugen Emotionen, ein Wort, das etymologisch sehr nahe verwandt ist mit Bewegung. Wir möchten auf irgendeine Weise mit den uns eigenen Mitteln dazu beitragen, dass sich Menschen entwickeln können. Und Entwicklung wiederum bedeutet zumindest innere Bewegung. Dies schien also zu passen.
Zuletzt saß ich einige Stunden im Zug auf dem Rückweg von einer Vorstandssitzung des Bundesverbandes. Bei den vielen Sachthemen ging es auch um den letzten Newsletter des Jahres. Darum, welche Themen beinhaltet sein sollten und zuletzt noch um die Frage, wer das Vorwort schreiben wollte. Ich duckte mich bei dieser Frage zuerst weg, um wenig später doch meinen ersten Versuch zu wagen.
Und da kamen mir sofort wieder die oben aufgeführten Worte „Ich bewege Menschen“ in den Sinn. Denn wir bewegen nicht nur Menschen, wir bewegen zusammen mit zahlreichen Mitwirkenden aus den Reihen der Mitglieder sehr viel und so auch im Jahr 2016. Außerhalb unserer Profession als Individual- und Erlebnispädagog*innen, in der wir im oben beschriebenen Sinn Menschen bewegen, bewegen wir gerade auch auf vielen anderen Ebenen einiges im deutschsprachigen erlebnis- und individualpädagogischen Raum.
Vor nicht einmal 1 1/2 Jahren ist erstmals das "Berufsbild Erlebnispädagog*in“ veröffentlicht worden, und darauf aufbauend ist eine, im Schnitt aus fast 30 engagierten Menschen bestehende Fachgruppe entstanden, deren jüngster Erfolg die offizielle Eintragung der Begriffe Erlebnispädagogin be® und Erlebnispädagoge be® darstellte. Noch im Jahr 2017 soll dieser Prozess mit der Definition der dazugehörigen Ausbildungsvoraussetzungen abgeschlossen werden. Vor wenigen Jahren hätten dies sogar Kenner der Szene kaum für möglich gehalten. Wir haben etwas bewegt!
Im Bereich „Hilfen zur Erziehung“ wurde in den letzten drei Jahren an Qualitätsstandards gearbeitet. In diesem Jahr ist die Arbeit wesentlich vorangekommen. In 2017 wird damit das Zertifizierungsverfahren „beQ“ um den Bereich der „Hilfen zur Erziehung“ erweitert. Auch hier wurde sehr sorgfältig viel bewegt. Ende des Jahres wird der Kompetenznachweis International (KNI) auf den Bereich der Erziehungshilfe angepasst sein und als Handbuch erscheinen. Der KNI ist ein wichtiger Baustein bei der Sichtbarmachung von Kompetenzen junger Menschen im non-formalen Bereich, der geeignet ist eine Auslandsbetreuung deutlich aufzuwerten und damit den jungen Menschen zu stärken. In der Erziehungshilfe steht ein Paradigmenwechsel an, der viel stärker den europäischen Grundgedanken berücksichtigt und die positiven Effekte von Auslandsaufenthalten aufgreift und weiterentwickelt. Was in der Internationalen Jugendarbeit schon lange wertgeschätzt wird, gilt es auch für den Bereich der Erziehungshilfe zu konstatieren und weiterzuentwickeln. Damit junge Menschen und hier besonders Benachteiligte, bessere Teilhabechancen in unserer Gesellschaft erhalten, engagiert sich der be vielfältig z.B. bzgl. des Betriebserlaubnisverfahrens, dem Konsultationsverfahren Brüssel IIa, auf Fachtagungen an Fachhochschulen, etc.
Der neue Arbeitskreis "Sicherheit, Wagnis und Risiko" wurde etabliert und hat während drei Treffen im Jahr 2016 über 40 Erlebnispädagog*innen aus sehr unterschiedlichen Bereichen erreicht und zur Weiterarbeit bewegt.
Beim Kongress erleben und lernen in Augsburg waren wir zum ersten Mal als Kooperationspartner bei der Preisverleihung aktiv. Dass verschiedene Preise dabei an Mitglieder des be gingen ist kein Zeichen für unlauteren Wettbewerb. Vielmehr zeigt es die Innovations- und Bewegungskraft unserer Mitglieder. Davon zeugen auch zahlreiche Neumitglieder, die sich oftmals nicht nur sehr zeitnah „beQ“- zertifizieren lassen möchten, sondern auch angekündigt haben, bei unterschiedlichen Fachgruppen mitzuwirken bzw. dies bereits schon tun.
Zudem haben wir in diesem Jahr viele Beiträge und Artikel publiziert. Wir verzeichnen eine erhöhte Anfrage für Kooperationen und die Mitwirkungen auf Tagungen und Kongresses und wir sind regelmäßig als Beratungsstelle gefordert.
Wir blicken also aus unserer Sicht auf ein erfolgreiches Jahr 2016 zurück und freuen uns schon jetzt auf das Jubiläumsjahr 2017! Die Vorbereitungen für die anstehende 25 Jahr-Feier laufen auf Hochtouren. Das Heft 1/2017 der Zeitschrift erleben und lernen widmet sich der Verbandsarbeit und dem Jubiläum und wird prall gefüllt sein. Wir sind beim Kinder- und Jugendhilfetag in Düsseldorf mit einem Forum und einem Gemeinschaftsstand von Mitgliedern vertreten. Das „beQ“ für den Bereich „Hilfen zur Erziehung“ geht an die Öffentlichkeit und noch einiges mehr.
Wir verbinden diese Zeilen mit dem größten Dank an alle, die daran mitgewirkt haben! Es ist auch die Aussicht auf viel Neues, was weiter entstehen wird im kommenden Jahr, denn wir wollen die individual- und erlebnispädagogische Landschaft in Bewegung halten. Nicht zuletzt, weil es uns bewegt.
Geschrieben von Reinhard Zwerger Vorstand im be